Bericht von Philippe Chanton
Teilnehmer
Patrice Biner (BF)
Anja Wyss
Elsbeth Imboden
Serge Schnidrig
Damian Schnidrig
Beat Schnidrig
Marc Williner
Louis Lochmatter
Dominique Lochmatter
Philippe Chanton
Season End am Nordend (4’609m)
23./24. April 2021
Es war einmal einsamer Gipfel am nördlichen Ende des mächtigen Monte Rosa Massivs. Dieser stand ganz im Schatten seiner grossen Schwester, der Dufourspitze. Täglich schaute er neidisch hinüber zur Dufourspitze um die zahlreichen Gipfelstürmer auf dem nur 25 Meter höher gelegenen Nachbar zu beobachten. Auch wurde ihm kein Gipfelkreuz geschenkt, obwohl er doch der zweithöchste Gipfel der Schweiz war. Doch auch dieser Platz wurde ihm 2014 streitig gemacht, als der Bundesrat entschied, die frühere Ostspitze in Dunantspitze umzubenennen und als offizieller Gipfel anzuerkennen. Wir sprechen hier vom 4’609 Meter hohen Nordend, welches manchem Bergsteiger in seinem Palmares fehlt.
Diese Ausgangslage war uns Motivation genug diesen Gipfel zum Saisonende zu besuchen. Der munteren Gruppe der JO-SAC Zaniglas stand das Nordend an diesem letzten April-Wochenende somit ganz im Mittelpunkt. An der Talstation des Matterhorn Express trafen sich kurz vor neun Uhr die zehn Gipfelstürmer. Es hätten noch mehr sein sollen, aber die strengen Tourentage der Vorwoche bei der «Tour de Ciel» haben nicht alle gut überstanden. Nach gemütlicher Bahnfahrt fanden wir uns im Gletscherparadies auf dem Kleinen Matterhorn wieder. Im lockerem Auf- und Ab erreichten wir dann schon bald das Schwarztor.
Patrice war unser Bergführer und Chef de Mission. Beim Schwarztor war er schon mal erfolgreich noch spurenfreie Hänge zu finden. Auch wollten wir nicht zu weit hinunter auf den Gornergletscher fahren um den anschliessenden Aufstieg zur Monte Rosa Hütte abzukürzen. Dies gelang uns durch das Abrutschen in einem steinig steilen Couloir bei der «Schwärze». Danach wurde es warm…sehr warm und zDami schlug zudem als Gruppenerster ein rapides Tempo an. Schliesslich mussten wir uns das Apéro verdienen.
Bei unserer berühmten Sektionshütte war schon einiges los. Dank den aufgehobenen Einschränkungen durfte man die Terrasse wieder benützen und wir konnten das wolkenlose Panorama unter herrlicher Sonne geniessen. Der eine Hüttenwart Richi war mit einer Filmgruppe unterwegs und begrüsste uns ebenso herzlich wie der zweite Hüttenwart Kilian, welcher uns die technischen Geheimnisse der Hütte vorführte. Die Monte Rosa Hütte ist schon ein tolles Bauwerk und beeindruckt mit viel Platz und architektonischen Finessen in jedem Raum.
Nach einer ruhigen Nacht stand morgens um 4 Uhr das Frühstück bereit und wir machten uns parat den langen Aufstieg unter die Bretter zu nehmen. Kurz vor 5 Uhr starteten wir mit Stirnlampen und bei Mondschein zur Mission Nordend. Schon bald konnten wir einen herrlichen Sonnenaufgang bei wolkenfreiem Himmel bestaunen. Patrice fand ein angenehmes Tempo und legte eine ideale Spur in den Gletscher. Bei der Abzweigung zur Dufourspitze liessen wir die meisten Gruppen rechts stehen und bogen in die spaltenreiche Zone unterhalb des Silbersattels ein. Es war nun bitter kalt und die ersten Heliskier kamen auf dem Landeplatz «Monte Rosa» an.
Nun begannen die technischen Herausforderungen. Unterhalb des Silbersattels mussten wir erstmals die Steigeisen montieren und eine steile Spaltenzone am Seil bewältigen. Auf den restlichen Meter bis zum Silbersattel erreichte uns endlich die Sonne und wir konnten wieder mit den Fellen fortfahren. Aber bald hiess es wieder anseilen und den Grat in Angriff zu nehmen. Bewaffnet mit Pickel, Steigeisen und Eisschrauben kamen wir ganz gut voran. Beim letzten Schneeteil vor der finalen Felspartie setzten wir ein paar Eisschrauben zur Sicherheit. Es war doch etwas eisig, aber durchaus gut begehbar.
Nach sieben Stunden standen alle zehn Gipfelstürmer auf 4’609 Meter über Meer und man durfte sich gratulieren. Für die meisten von uns war dieser Gipfel eine Premiere und die Freude war dementsprechend gross. Die engen Platzverhältnisse erlaubten keine lange Gipfelrast, so dass wir bald wieder zurück zum Silbersattel kletterten. Nun hatte es Patrice eilig und liess uns keine lange Pause machen. Die meisten spürten nun die müden Beine und unsere Skitechnik hätte bei einer Olympiade wohl keine hohen Stilnoten ergeben….bis wir endlich einen pulvrigen Hang unter die Ski bekamen. Da hörten wir auch wieder Jauchzer und die schweren Beine waren wie vergessen. Oberhalb der Monte Rosa Hütte fand uns Patrice noch ein paar sulzige Hänge und so konnten wir uns zufrieden vor der Sektionshütte in Pose stellen und ein Gruppenfoto schiessen lassen.
Die nun aufgetischten Käseschnitten schmeckten hervorragend und liess uns wieder zu Kräften kommen, bevor wir die lange Talfahrt nach Zermatt in Angriff nehmen konnten. Unseren Tisch in der Hütte überliessen wir den Kollegen des SAC Tärbinu, welche am Sonntag auch eine tolle Tour planten. Bei der langen, aber gemütlichen Abfahrt über den Gornergletscher kreuzten wir noch einige Gruppen welche sich noch schwitzend im Aufstieg befanden. In Anbetracht der warmen Temperaturen genossen wir den Fahrtwind umso mehr. Sobald wir die Rampe bei der Gornera sowie den Fussmarsch zur Skipiste geschafft hatten, blieben uns noch ein paar sulzige Pistenmeter bis hinunter nach ZenStecken.
Wir hatten es geschafft und waren stolz! Eine Abfahrt von 3’000 Höhenmeter macht man schliesslich nicht jeden Tag. Das Nordend figuriert nun in unserem Palmares und wir nehmen viele schöne Erinnerungen und Fotos von dieser Tour mit nach Hause. Trotz Coronaeinschränkungen dürfen wir auf eine gelungene Skitourensaison 2021 der JO-SAC Zaniglas zurückblicken. Nun ist für die meisten aber Saisonende. Ein herzliches Merci sagen wir unserem Bergführer Patrice für dieses tolle Happy End zum Season End am Nordend.