Tourenwoche rund um die Alpe Devero, April 2014
Erster Tag: Gross Schinhorn
Früh um 4.00 Uhr morgens wurde die Tourenwoche in Zaniglas gestartet in Richtung Binntal, wo sich alle Im Fäld (1547m) treffen. Eine flotte Gruppe von 9 Personen mit den Bergführern Jean-Paul und Jan. Die Temperaturen waren angenehm und die Stirnlampe brauchten wir nur noch für die erste halbe Stunde. Unser erstes Etappenziel ist das Grosse Schinhorn mit 2939 m, knapp 1400 Hm.
Nach ungefähr einer Stunde machen wir unsere erste Pause am Mässersee, wo Jean-Paul zu einer Gedenksekunde aufrief. Von da ging es praktisch in der Direttissima relativ steil hinauf durch das Hotal. Hier blies ein kalter Wind, der uns bis fast zum Gipfel begleitet hat. Auch waren wir immer wieder im Nebel eingehüllt. Die Spur war bis auf ein paar kurze Stellen relativ gut zu gehen. Doch da, wo es rutschig war, wurden wir dann so überrascht, dass Elsbeth Dorothée gleich rückwärts den Hang hinunter spedierte. Im Hotal zeigten sich dann endlich mal die Gipfel und von weitem kamen uns zwei Skifahrer entgegen, die sich dann als alte Bekannte entpuppten.
Wir zogen unsere Spuren immer leicht steigend hoch bis zu einem Sattel und von da ging es die letzten steilen Meter bis zum Skidepot. Zu Fuss ging es über Blockgestein hoch zum Gipfel. Diese Felsblöcke waren mit tausenden vom Wind wunderschön geformten Schneerosetten und Blättern übersäät. Es war ein richtiges Kunstwerk. Ganz oben gingen wir dann einen schmalen Grat zur Gipfelspitze des Schinhorn, das nur gerade für die Hälfte unserer Gruppe Platz bot. Die Sicht nach unten war eindrücklich, es ging einfach vertikal hinunter. Mittlerweile hatte sich auch der Nebel gelüftet und wir hatten eine prachtvolle Rundsicht.
Nach einer ausgiebigen Rast und Fotopause schnallen wir unsere Skier wieder an, wir haben noch einen weiten Weg vor uns. Doch zuerst kommen wir in den Genuss der Abfahrt. Der Schnee war allerdings nur gerade oberflächlich weich, darunter waren harte Eisschollen. Unten in der Ebene ein Blick zurück. Das Schinhorn von dieser Seite ist wie eine Nadel. Dann montieren wir die Felle wieder und steigen auf einen weiteren Pass, um dann abermals herunter zu fahren. Wir traversieren unterhalb der Binntalhütte bis zum letzten Aufstieg zur Mittlenbärghütte 2395 m. Dieser Aufstieg war besonders hart, weil die Sonne mittlerweile richtig brannte.
In der Mittlenbärghütte gab es dann
ein verdientes Mittagessen. Die Hütte war rappelvoll.
Dadurch, dass wir am zweiten Tag ein etwas gemütlicheres
Programm haben, entschieden wir, eine Stunde nach der
ersten Gruppe aufzustehen.
Zweiter Tag:
Hohsandhorn
Start um 7.00 Uhr in der Mittlenbärghütte zum Hohsandhorn (3182 m). Gemütlich steigen wir links vom Ofenhorn durch ein Hochtal. Da die Spur relativ vereist war, mussten wir die Harscheisen montieren. Da, wo die Sonne durchschien, war es schon angenehm warm. Unser Weg führte über eine Hochebene. Beim Mittlenbärgpass müssen wir dann unsere Skier abschnallen, denn da war eine Stufe von ca. 10 Metern , die wir nur noch zu Fuss überwinden konnten. Die Skier schnallten wir auf den Rucksack, Jean-Paul und Jan richteten ein Fixseil ein, denn der Untergrund war sehr heikel.
Vom Mittlenbärgpass war es dann ein leichter Aufstieg zum Hohsandhorn. Da der Wind unangenehm war, verliessen wir den Gipfel wieder und fuhren hinunter ins Hohsandjoch und von da warteten herrliche Sulzhänge auf uns. Mit viel Freude sind wir den Hohsandgletscher hinunter gefahren und unten in der Ebene, wo es so richtig windstill und warm war, machten wir dann eine ausgedehnte Pause. Von da sah man schon den Lago del Sabbione. Wir traversierten am Fusse des Hohsandhorns linker Hand des Lago, wo wir einen letzten Aufstieg zum Rifugio Claudio e Bruno (2710 m) in Angriff nahmen. Unsere Hütte für die nächsten zwei Nächte.
Auf dem Rifugio wurden wir mit
Pasta al pomodoro verwöhnt. Vor dem Rifugio gab es eine
Sonnenterasse, die so richtig zum Sonnenbaden einlud.
Doch müde von unserer Tour sind dann praktisch alle noch
eine Stunde aufs Ohr gelegen, um dann für das
währschafte Abendessen wieder fit zu sein. Es gab
Pizzocheri vom Feinsten.
Dritter
Tag:
Rothorn und Blinnenhorn
Gleich hinter dem Rifugio geht es steil den Berg hinauf. Für den dritten Tag standen gleich zwei Gipfel auf dem Programm, das Rothorn 3229 m und das Blinnenhorn 3373 m.
In flottem Tempo steigen wir fröhlich plaudernd auf den Rothornpass. Im Windschatten des Berges ist es immer noch kühl und stellenweise sind Harscheisen von nöten. Auf dem Rothornpass sehen wir dann von Weitem den Gipfelgrat des imposanten Rothorns.Einigen wird es etwas mulmig, denn er ist sehr steil und ausgesetzt. Wir fellen bis zum Skidepot und tauschen unsere Skier mit den Steigeisen. Von da geht es über eine felsige Schulter bis zum Gipfelaufschwung. Auch hier richteten Jan und Jean-Paul wieder Seile ein, so dass wir uns immer daran halten konnten. Für die einen war das eine Premiere, doch alle meisterten diesen Aufstieg mit Bravour. Auf dem Rothorn wiederum eine prächtige Aussicht. Hier gönnen wir uns eine gemütliche Pause, obwohl der Platz auf dem Gipfel sehr knapp und abschüssig war. Der Abstieg war dann nicht weniger spektakulär.
Wieder im Skidepot fuhren wir
hinunter in eine Hochebene leicht unterhalb des
Rothornpasses und montierten da unsere Felle wieder, um
den zweiten Gipfel in Angriff zu nehmen. Hier herrschte
absolute Windstille und die Sonne brannte erbarmungslos
auf uns nieder, so dass der letzte Aufstieg sich richtig
verdient werden musste.
Für die Abfahrt suchten uns dann
unsere Bergführer so richtig schöne steile Abfahrten.
Sie versuchten sich gegenseitig zu übertrumpfen – die
gemütlichen mit Jan und die anderen mit Jean-Paul. Die
zwei waren immer für irgendwelche Spässe zu haben, aber
immer mit dem Ziel, uns die besten Abfahrten zu finden.
Hammer Sulzhänge waren die grosse Belohnung für den
schweisstreibenden Aufstieg. Wieder zurück im Rifugio
stürzten wir uns hungrig auf die Pasta al Pesto.
Am Abend dann wurde kräftig
gefeiert und die Bar im Rifugio unter die Lupe genommen.
Doch alkoholtechnisch war da nicht viel zu holen. Da
unsere Gruppe den einzigen Genepi am Vorabend geleert
hatte, waren nur noch irgendwelche Fusel da. Da müssen
wir nächstes Jahr vorsorgen.
Vierter Tag:
Ofenhorn und "Geissgagelhorn"
Da wir uns das Ofenhorn vorgenommen haben, müssen wir heute etwas früher aufstehen. Tagwache um 6.00 Uhr. Vom Rifugio fahren wir zuerst ein paar Hundert Meter hinunter zum Lago del Sabbione. Die Hänge sind hart und da merkte man, dass die Oberschenkel schon ein paar Höhenmeter intus hatten. In gemütlichem Tempo steigen wir plaudernd über kupiertes Gelände Richtung Ofenhorn. Unterwegs kam uns die Gruppe entgegen, welche mit uns auf der Mittlenbärghütte war. Von weitem sehen wir, dass das Ofenhorn sich in Nebel hüllt. Je höher wir stiegen, desto steiler wurde es und so unwirtlicher. Wir mussten unzählige Spitzkehren machen. Zum Teil sah man gerade mal ein paar Meter.
Darauf eingestellt, dass es eine lange Tour wird, standen wir dann aber überraschenderweise plötzlich auf dem Gipfel. Da sich immer wieder mal für eine halbe Minute der Himmel lichtete, warteten wir in der Hoffnung auf Aufklarung relativ lange auf dem Gipfel. Aber wie es sich für die Zaniglasini gehört, haben wir die Zeit mit Singen und coolen Showeinlagen von Jan verbracht, um der Kälte zu trotzen. Mittlerweile hatten uns die Hüttengenossen, die noch eine Stunde länger schliefen, auch eingeholt. Für heute soll uns keine Gipfelaussicht gegönnt sein, so entscheiden wir uns, abzufahren. Vorsichtig sind wir hinter unseren Bergführern her gefahren, da die Sicht immer noch schlecht war. Doch dann plötzlich bei der Eggerscharte ist Ende der Fahnenstange. Unsere Bergführer suchen uns einen Weg durch diesen Felsriegel. Ein paar von uns werden abgeseilt. Da das aber viel zu viel Zeit in Anspruch nahm, suchte Jan einen Abstieg durch die Felsen. Als unsere ganze Gruppe sicher unterhalb des Felsriegels war, konnten wir gerade miterleben, wie ein Helikopter zwei Schneeschuhläufer von oberhalb des Felsriegels mit der Winde ausflog.
Von weitem schon konnten wir unser
heutiges Tagesziel, Devero sehen. Der Schnee allerdings
war richtig schwer und manch einer machte eine Kapriole,
um einen Sturz zu vermeiden. Der Schnee veränderte sich
alle 10 Meter. Nun war auch die Sonne wieder da und
damit auch die extreme Wärme. Im Devero war richtig
Tauwetter. Solange der Lago di Devero noch gefroren ist,
kann man längs über den See laufen. Das Eis war aber
schon an etlichen Stellen geschmolzen, so dass wir am
linken Ufer des Lago entlang gehen mussten, was ohne
Felle und mit Bindung auf Langlauf eine Herausforderung
war. Etliche Mal glitt jemand aus und riss denjenigen
hinter sich gleich mit. So am Ende einer Tour, wenn die
Kräfte langsam zur Neige gehen, eher frustrierend.
Dafür wurden wir in Crampiolo von weiteren Zaniglasini in einem richtig heimeligen Rifugio in Empfang genommen. Philippe, Myriam, Petschi, Heinz und Marcel wollen uns am letzten Tag zurück ins Binntal begleiten. Sie hatten heute zusammen einen Tagesausflug auf den von ihnen kurzerhand "Geissgagelhorn" genannten Vorgipfel des Monte del Sangiatto gemacht. Nun muss
te aber heftig gefeiert und gezecht werden, denn wie Petschi zu sagen pflegt: "jünger kommen wir nicht mehr zusammen". Das Rifugio Fizzi bot sich dafür ideal an. Das Essen war vorzüglich und wir kriegten auch einen feinen Wein. Ich glaube, die letzten habe ich gegen 2.00 Uhr ins Bett hören gehen. Am morgen sahen dann ein paar von uns nicht sehr fit aus. Sie liessen sich aber hinter den Sonnenbrillen nichts anmerken.
Fünfter Tag:
Geisspfad
Das Schlussbouquet der Tourenwoche soll lang und viele Höhenmeter werden. Wir wollen das Schwarzhorn in Angriff nehmen. Doch unsere Bergführer halten sich bedeckt. Das Tauwetter und auch der Regen bis weit in die Höhe machte Ihnen etwas Sorge.
So sind wir dann zuerst einmal über einen steilen Hang auf das Plateau, Pian della Rossa, aufgestiegen. Viele Spitzkehren waren nötig, doch die Truppe ging wacker im Gänsemarsch. Unterwegs tauchten überall Italiener auf, die Richtung Scherbadung unterwegs waren. Unglaublich, wie Heerscharen stürmten sie diesen Gipfel. Wir entschieden uns, den Geisspfad, zwischen Rothorn und Grampielhorn zu nehmen, da die Abfahrt vom Schwarzhorn durch das Furggulti lawinentechnisch bedenklich war. Das hätte bedingt, dass wir hätten umkehren müssen und insgesamt 2000 Hm in den Beinen gehabt hätten. So gingen wir den kürzeren Weg, der aber auch unglaublich schön war und uns alpintechnisch nochmals forderte.
Zum Geisspfad, führte ein steiles Couloir hoch, so dass wir die Skier wieder auf unsere Rucksäcke schnallen mussten. Die Tritte, die schon von Vorgängern gemacht wurden, waren hoch, so dass die Sache etwas anstrengend war. Oben angelangt, blies wieder ein bissiger Wind, so dass wir uns hinter grossen Felsblöcken Windschattenplätze suchten, bis alle den Geisspfad überwunden hatten. Diejenigen, die noch nicht genug gefordert waren, machten Liegestützen im Schnee. Wenigstens gab das warm.
Wir gingen noch
eine Weile am Geisspfadsee vorbei und querten unterhalb
des Grampielpasses. Bevor wir aber wieder die Felle
wegnehmen und abfahren, geniessen wir noch ein letztes
Mal den Anblick des Grossen Schinhorn und auch unser
ursprüngliches Ziel das Schwarzhorn. Die Abfahrt wäre
schon legendär gewesen.
Je tiefer wir
abfahren, desto besser wird der Schnee und die ganze
Gruppe kommt wieder in Hochform und wir werden immer
mutiger. Eine herrliche Abfahrt um Bäume und Sträucher
rundete diesen Tag ab. Gewisse Leute haben eine
besondere Beziehung zu Sträuchern und landeten hoch über
einem Bachbett auf einem solchen, weil plötzlich der
Schnee unter den Skiern wegrutschte. Ist aber gerade
nochmals gut gegangen.
Wir waren fünf
Tage in einer unglaublich schönen und abgeschiedenen
Bergwelt. Das Wetter war bis auf den Nebel am Ofenhorn
immer super. Wir hatten also richtig Glück.
So eine
herrliche Tourenwoche musste dann auch noch gebührend
gefeiert werden. Und so haben wir im Hotel Alpenblick in
Ernen auf der Sonnenterrasse ausgiebig gespeist und dazu
einen feinen Walliser Johannisberg getrunken.
Vielen Dank den
Bergführern für die tolle Woche.