Hoch, höher, Dufourspitze |
von Philippe Chanton | |
25. / 26. Juli 2009 |
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Weitere Fotos findet ihr unter <diesem Link> |
Seid ihr verrückt? Auf die
Dufourspitze geht man doch im Winter! Im
Sommer dauert der Aufstieg von der Monte Rosa Hütte mindestens
sechs Stunden
und auch der Rückweg ist nicht wirklich kurz. Nun aber haben
wir unseren
Saisonhöhepunkt – und dieser verdient diesen Titel
wahrlich – aber auf den Sommer
geplant und behielten recht. Schon während der ganzen Woche
vor der Tour waren
sich ausnahmsweise einmal alle Spezialisten und
Möchtegernmeteorologen einig,
das wird ein super schönes Wochenende. Schlussendlich trafen
sich 12 froh gestimmte
Gipfelstürmer am Samstagnachmittag bei der GGB in Zermatt ein.
Unser
Organisator Mauro wollte später zu uns stossen – ihm
scheint die Arbeit nie
auszugehen. Während
der Fahrt nach Roten Boden versicherte uns Bärtschi mehrmals,
dass wir morgen „gmietlich“ starten werden. So
richtig daran glauben mochten zu
diesem Zeitpunkt wohl die wenigsten, umso mehr er dann auf dem
Hüttenweg schon
mal sein übliches Tempo vorlegte. Einige Gletscherpassagen
hatten es auch heuer
in sich, aber nach ca. 2 Stunden standen wir vor unserer
Sektionshütte. Im
Hintergrund türmte sich bereits der mit Spannung erwartete
neue „Glänzling“
auf. Der Rohbau der
neuen Monte Rosa Hütte ist mehrheitlich abgeschlossen und
der Bau versteckt sich im Moment hinter einem gewaltigen
Gerüst. Wir liessen es
uns nicht nehmen, das Millionenprojekt schon einmal von aussen und von
innen zu
besichtigen. Obwohl die Bettenanzahl reduziert wird, ist dieser Neubau
um
einiges grösser als die jetzige Hütte. Wir erkennen
bereits den Essraum, einige
Zimmer wie auch technische Räume. Überall sieht man
Spuren von Schreinern,
Zimmerleuten, Elektrikern, Spenglern, Schlossern und anderen fleissigen
Heinzelmännchen. Ende September soll die offizielle
Eröffnung stattfinden, da
muss im Innenbau doch noch einiges passieren. Wir sind eindeutig der
Meinung,
dass wir für die Millionen ein tolles, komfortables Berghotel
erhalten! Während
dem Nachtessen sinnierten wir noch einige Zeit rund um die neue
Hütte
und vergassen fast, was wir eigentlich geplant hatten. Hogi und sein
Frauenteam
verköstigten uns vorzüglich, so dass wir bestens
gestärkt zum höchsten Punkt
der Schweiz starten konnten. Kurz nach 21h00 waren die meisten bereits
auf die
Zimmer verschwunden und warteten auf den erlösenden Weckruf
von Hogi. Dieser viel
früh und knapp aus. Um 01h50 hiess es
„Tagwach!“ und das
Licht ging an. Andere gehen zu dieser Zeit nach Hause, wir aber mussten
ein
Butterbrot runterwürgen und uns mit feinem Kaffee oder Tee
wach trinken. Um
halb drei ging’s bei stockdunkler Nacht los, zuerst vorbei an
der neuen Hütte,
anschliessend von einem Felsblock zum nächsten. Nach einer
Stunde hiess es
bereits „Steigeisen montieren und anseilen!“ Wie
befohlen, so getan. Die am
Vorabend gebildeten Seilschaften fanden sich nun zusammen. Leider
mussten hier
Carmen und Franz umdrehen, wir versprachen ihnen aber, den Gipfel zu
grüssen. Nun übernahm Bärtschi die
Führungsposition zusammen mit Ami. Zu unserer
Freude hielt er Wort und fand einen sehr angenehmen Rhythmus
während dem langen
Gletscheraufstieg. Je heller der Tag wurde, desto kühler wurde
es. Mütze,
Handschuhe und eine Jacke waren nun gefragt. Im Hintergrund leuchteten
bereits
die ersten Gipfel im morgendlichen Sonnenlicht. Von Wolken war heute
definitiv
keine Spur zu sehen. Nach zwei Pausen erreichten wir den Sattel, ab
welchem wir
den Schlussgrat in Angriff nahmen. Schnee- und Felspassagen wechselten
sich nun
ab – nicht nur Gerd konnte es kaum glauben, dass bei jedem
bezwungenen
Vorgipfel noch ein nächster aufwartete. Nach etwa sechs
Stunden erreichten die ersten Seilschaften den höchsten
Punkt der Schweiz auf 4634 Meter über Meer und die anderen
folgten nadisna. Elsbeth’s Jauchzer war wohl für
alle Frauen gedacht, welche eine nach der anderen auf diesen
Gipfelsturm
verzichten mussten. Sie rettete eindeutig die Ehre der Frauen! Herrlich
die
vielen „kleinen Nachbargipfel“ rund um uns zu sehen
– heute waren WIR die Landeshöchsten!
Hinunter sahen wir vor allem auf ein paar
„Grampini“, welche sich im Alleingang
in kamikazeähnlicher Weise über die Gendarme
quälten. Bei solchen Szenen
versteht man, wieso es so viele Bergunfälle von nicht
angeseilten Paradiesvögeln
gibt. Der Abstieg war
um einiges gefährlicher und spektakulärer als
geplant.
Dafür war vor allem eine Gruppe aus Polen verantwortlich,
welche mit einem
überlangen Seil das ganze Abstiegscouloir für ihren
Aufstieg blockierten und
einige Eisblöcke lösten. Einige sehr böse
Worte wurden ausgetauscht, aber vor
allem wurde dabei viel Zeit verloren. Unsere ersten Seilschaften
mussten bis zu
einer Stunde warten, bis die letzten auch wieder aufgeschlossen hatten.
Nach
diesem turbulenten Intermezzo folgten wir unseren Spuren
zurück zur Monte Rosa
Hütte. Die Zufriedenheit und die Müdigkeit waren den
meisten nun ins Gesicht
geschrieben. Umso mehr genossen wir bei Hogi noch ein tolles Walliser
Teller
mit einem Schluck Weissen, bevor wir uns auf die letzte Fussetappe
zurück zur
GGB-Station machten. Mir schien der Rückweg nach Roten Boden
kein Ende mehr zu
nehmen, die Sonne heizte gehörig, der Rucksack
drückte schwer und auch der
Durst liess nicht nach. Auf der Rückfahrt nach Zermatt konnten
wir uns der
anerkennenden Blicke der Japaner nicht erwehren. Ist ja auch recht so! |
Die
Gipfelstürmer: Mauro, Bärtschi, Elsbeth, Ami, Daniel, Beat S., Georges, Gerd, Fabian, Damian S., Philippe, Carmen und Franz Fotos von Fabian Imboden und Philippe Chanotn |