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Führertour Aletschhorn - long way...

von Philippe Chanton

25. Juli 2010

Teilnehmer:
Mauro Ferrari
Jean-Paul Imboden
Elsbeth Imboden
Beat Schnidrig
Daniel Imboden
Fabian Imboden
Franz Andereggen
Philippe Chanton
Carmen Pfammatter (Hütte)

 

Ob sich die Teilnehmer der diesjährigen Führertour wohl vorgängig überlegt haben, auf was sie sich einlassen? Das Aletschhorn ist nun mal der höchste Punkt von Naters und der zweithöchste Gipfel in den Berner Alpen mit einem phantastischen Gipfelpanorama. Dieser schöne Berg ist aber auch recht abgelegen und fehlt wegen seinen langen Touren bei vielen Gipfeljägern in deren Tourenbüchern. Dieses Manko haben die 8 Gipfelstürmer des SAC Zaniglas an diesem tollen Juli-Wochenende getilgt. Die Wetterprognosen waren nicht mehr so heiss wie die vorhergehenden Wochen – einige nahmen sogar einen Regenschirm mit. Wohl dank dieser Massnahme viel uns während dem Wochenende kein einziger Regentropf auf den Kopf.

Sowohl einen Bergführer als auch einen Aspiranten konnten wir für diese Odyssey in der Gemeinde Naters begeistern. Unser ältester Bergführer Mauro und unser jüngster Aspirant Jean-Paul bildeten den Altersrahmen rund um die 9-köpfige Gruppe. Vor dem eigentlichen Gipfelsturm mussten wir erst einmal auf die Oberaletschhütte wandern. Dazu bedienten wir uns der Seilbahn nach Belalp um anschliessend bereits einen ersten Kuchen- und Pasta-Stop auf dem Aletschbord einzulegen. Der nun folgende neue Hüttenweg unterhalb der Fusshörner ist im Vergleich zum alten Weg eine echte Wucht.

Schon bald erblickten wir die frei herumrennenden Hühner (nein nicht die Hüttendamen) der Oberaletschhütte. Sonne und Wolken wechselten sich ab und das nun näher scheinende Aletschhorn erstrahlte in herrlich weissem Gewand. Da stand uns wohl eine Winterbegehung bevor. Franz wusste wohl schon, dass er am nächsten Tag einige Tausend Kalorien verbrennen würde. Vorsorglich kaufte er gleich das ganze Kuchenblech und verteilte den leckeren Kuchen an alle Teilnehmer. Die anderen Hüttengäste spekulierten umsonst noch ein Stückchen zu ergattern – und die Hüttenmannschaft musste ungeplant nochmals einen neuen backen.

Da die Tagwache bereits um 2 Uhr morgens ausgerufen wurde, leerte sich der Speisesaal nach dem Nachtessen sehr rasch. 30 Minuten nach der Tagwache, stapften wir gemeinsam den Klettersteig hinunter auf den Oberaletschgletscher. Carmen durfte noch weiterschlafen und sich auf einen langen, grauen Hüttentag einstellen. Dunkel und kalt war es – ein unter uns liegendes Nebelmeer drohte uns den Gipfelausblick zu vermiesen. Dank dem bestens markierten Gletscherweg und den montierten Katzenaugen beim Ausstieg konnten wir schon bald die Südwest-Rippe in Angriff nehmen. Über einen Moränenweg und die anschliessenden grossen Felsblöcke erreichten wir zügig den Firngletscher. Ab hier waren nun Steigeisen und unsere Seile gefragt.

Die technischen Finessen dieser Route erwarteten uns nun auf dem Schlussteil der SW-Rippe. Durch den Schnee war ein Klettern im steilen Gelände doch um einiges schwieriger als bei trockenen Verhältnissen. Die Eisenstifte waren uns auf jeden Fall eine willkommene Hilfe. Nach etwas mehr als 6h30 erreichten die drei Seilschaften den höchsten Natischer Punkt auf 4195 Meter über Meer. Dank dem Aspiranten Simon aus Mund, hatten wir sogar einen Gipfelfotografen ohne einen von unseren Leuten auf dem Foto zu opfern. Der Rundblick war phantastisch! Der Konkordiaplatz mit seinen vielen Gletschern und Gipfeln rund herum liess den langen Aufstieg schnell vergessen. Im Süden behinderte ein Nebelmeer die Sicht der Talbewohner – uns erbot sich dadurch ein herrliches Naturspektakel.

Im Wissen, dass wir mit dem Abstieg und dem Weg bis auf die Belalp noch einen „long way“ vor uns hatten, dauerte die Gipfelrast nur kurze Zeit. Die Eisenstifte bewährten sich bei den Abseilaktionen ein weiteres Mal. Während unserem Rückweg zur Hütte durften wir in der kargen Steinwüste des Oberaletsch einige Edelweiss, Enzian und Genepi bestaunen. Carmen war froh uns wieder zu sehen und organisierte uns sogleich eine kleine Stärkung beim Hüttenwart. Beim Spaghetti-Plausch konnte man in viele müde, aber zufriedene Gesichter blicken. Sogar Franz machte uns diesmal einen müden Eindruck – und die Odyssey war ja noch gar nicht zu Ende. Er war auch der einzige welcher sich in die Badewanne vor der Hütte wagte, um sich seine heissen Füssen im eisigen Wasser etwas abzukühlen. Nicht ganz ohne Stolz durften wir die Glückwünsche vom Hüttenwart Peter Schwitter in Empfang nehmen. Wir seien seit langem die erste grössere Gruppe, welche wieder bei normaler Tageszeit zur Hütte zurückkehre!

Das war die beste Motivation für die verbleibenden Kilometer. Der gelbe Wanderwegschild vor der Hütte zeigte uns unbarmherzig ganze 3 Stunden bis auf die Belalp an. Dass wir diese Zeit heute brauchen würden, davon waren wohl alle überzeugt. Auf dem Rückweg konnten wir uns nochmals die Monstertour durch den Kopf respektive die Beine gehen lassen. An diesem Sonntag waren wir insgesamt 16.5 Stunden unterwegs. Dabei haben wir ca. 2'000 Höhenmeter aufwärts und ca. 2'800 Höhenmeter abwärts bewältigt. Wir bedanken uns bei Mauro und Jean-Paul für die Führung dieser schön langen Bergtour. Die meisten der Teilnehmer werden den Gipfel wahrscheinlich so schnell nicht wieder besteigen – so bleibt uns die Erinnerung als bestes Souvenir ans Aletschhorn.

 

 

Photos: Jean-Paul Imboden

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